„Startblock 4 #2“ – Leistungssport und Ausbildung/Studium passt das zusammen?

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Die zweite Veranstaltung „Startblock 4 – Lasst uns übers Schwimmen reden!“ vom Talentstützpunkt SV Cannstatt fand am 21.11.2021 im Bildungszentrum “Haus des SpOrts” in Stuttgart statt und wurde von der Kontakt-Stiftung aus Freiburg „Gemeinsinn im Sport“ finanziell gefördert.
Schwimmstar Ramon Klenz, Silbermedaillengewinner der Kurzbahn EM in Glasgow 2019 und mehrfacher deutscher Meister (200m Lagen, 100/200m Schmetterling 2021) und der erfolgreiche Unternehmer und Teammanager und Initiator des innovativen „Schwimm-Projekts: ONEflow“ der Neckarsulmer Sport- Union Christian Hirschmann diskutierten unter der Moderation von Marko Schumacher mit Uli Derad (Hauptgeschäftsführer des Landessportverbands Baden-Württemberg) und Herbert Wursthorn (Laufbahnberater des OSP Stuttgart) über die Möglichkeiten von Leistungssportlern im beruflichen Leben erfolgreich zu sein.
Schon die Vorstellung der Teilnehmer zeigt die unterschiedlichen Wege und Kulturen im professionellen Schwimmsport in Baden- Württemberg und Deutschland auf.
Ramon Klenz kommt aus einer echten Schwimmerfamilie aus Leipzig und ist mit 15 Jahren an den Bundesstützpunkt in Hamburg gewechselt. Aktuell gehört er dem ONEflow – Team (u.a. mit dem Olympia 4. in 400m Frei in Tokio 21 Henning Mühlleitner und vier weiteren Olympiateilnehmern) an. Es werden in Neckarsulm in Christian Hirschmanns Team also keine Schwimmprofis fürs Schwimmen bezahlt, sondern den Schwimmern wird in Kooperation mit der ansässigen global tätigen Wirtschaft, dem Gymnasium und der Uni Heilbronn verschiedene Angebote gemacht: Schule, Ausbildung, Studium oder Arbeit in Teilzeit werden angeboten. Im Fall von Ramon Klenz wird ein Duales Studium in Künzelsau ermöglicht, das zeitlich perfekt in den Trainingsplan eingepasst ist. Professionelle Strukturen mit drei hauptamtlichen internationalen Toptrainern sind Argumente für dieses Projekt in der kleinen Stadt im Norden Baden- Württembergs bei Heilbronn. Nach dem Frühtraining 06:15 bis 10:30 geht es an 4 Tagen die Woche bis Mittag zum Studium, dann kurze Pause und um 15:00 bis 17:30 steht die zweite Einheit an mit anschliessendem Krafttraining. Freitag bis Sonntag gibt es also mehr Zeit zum Lernen. Ein eng gestrickter Zeitplan, harte Arbeit und auch mental straffes Training sind hier zentral, aber es werden auch gute Chancen geboten nach der Schwimmkarrierre wirtschaftlich erfolgreich Karriere zu machen.
Herbert Wursthorn, Europameister 1981 im 800m Lauf, und seit vielen Jahren als Diplom-Psychologe Laufbahnberater am OSP in Stuttgart gibt interessante Einblicke in seine Arbeit. Aktuell sind z.B. ein BMX-Fahrer und Beach-Volleyballer in seiner Beratung und erhalten nicht nur finanzielle Förderung, sondern werden auch organisatorisch beraten, um ihren Weg zu Olympia zu finden. Uli Derad sieht die Vereine auch im Spitzensport als die wichtigsten Partner für die Athlet*innen. Er sieht auch genügend Geld im System, um erfolgreich bei Olympia zu sein. Neben der Struktur der Bundes-und Landesstützpunkte als Kompetenzzentren sieht er auch Vereine und individuelle Wege fördernswert. Es gibt nicht den einen Weg zum Erfolg bei Olympia. Die Verbände müssten flexibler im Einsatz der finanziellen Mittel werden und Vereine und Athlet*innen stärken, damit sie auch ihren eigenen, professionellen Weg finden können.

Für Christian Hirschmann liegt der zukünftige Erfolg speziell im Schwimmsport nicht in der individuellen finanziellen Zuwendung, sondern in der internationalen und professionellen Struktur in kleinen Teams, die den Schwimmern 6 bis 8 Jahre in solchen Strukturen eher spät ab 16 Jahren ein „hartes“ Training mit anderen Weltklasseathlet*innen und Toptrainer*innen ermöglichen und abverlangen. Der Unterschied zu den Weltstars wie dem Amerikaner Caeleb Dressel oder dem Australier Kyle Chalmers sieht er im deutschen System, das im frühen Erwachsenenalter anders als im Collegesystem nicht diesen unbedingten Erfolgshunger eines Teams in den Vordergrund stellt, sondern über finanzielle Förderungen redet, aber das Training zu wenig international-professionell und authentisch ermöglicht.

Eine Karriere im Leistungssport schließt also beruflichen Erfolg nicht aus, da sind sich alle Beteiligten einig. Doch in Deutschland muss hier noch an einigen Stellschrauben gedreht werden, um mehr Leistungssportler*innen eine erfolgreiche duale Karriere zu ermöglichen und gleichzeitig z.B. im SchwimmSport international erfolgreich zu sein.

Diese spannende Veranstaltung mit coronabedingt nur ca. 50 Teilnehmern vor Ort und weiteren 50 im Livestream war ein grosser Schritt für unsere Gesprächsreihe. Wir konnten entschieden über den Cannstatter Beckenrand blicken und mit diesen Gästen im „Haus des Sports“ den kompetenten Austausch zum Leistungssport Schwimmen ermöglichen. Wir danken an dieser Stelle unseren Gästen!

Zum Abschluss gab es noch eine kleine Überraschung für die SVC Athlet*innen, die bei der diesjährigen DJM an den Start gegangen sind:
Alle bekamen eine kleine Auszeichnung von Abteilungsleiter Christoph Roth überreicht und durften sich anschließend von den Zuschauern feiern lassen
Zur Entwicklung in Stuttgart wird der Talentstützpunkt SV Cannstatt in diesem Format „ Startblock 4“ #3 im Februar 22 wieder über den Tellerrand schauen und mit spannenden Gästen Impulse für die ganzheitliche Entwicklung des Leistungssports Schwimmen in Stuttgart setzen. Nähere Infos folgen!

Eine Aufzeichnung der Veranstaltung findet sich in unserem Youtube-Channel: https://youtu.be/G70Cf56izns