“Es lohnt sich gerade jetzt, Gas zu geben”

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Die Corona-Krise hat auch Nationalschwimmerin Kim Herkle (17) hart getroffen. Mit großen Hoffnungen startet die Frontfrau des SV Cannstatt nun ins Olympiajahr – und gibt dem Nachwuchs Tipps, wie man sich auch ohne Wettkämpfe verbessern kann.

Kim, wie fällt Deine Bilanz des Corona-Jahrs aus?

Das Jahr hatte für mich sehr gut angefangen. Im Januar schaffte ich in Luxemburg die EM-Norm und hatte große Pläne. Dann kam Mitte März der Lockdown.

Wie schwer war das zu verkraften?

Es ging relativ schnell, dass wir dank Ausnahmegenehmigungen zumindest wieder trainieren durften. Trotzdem war natürlich alles anders als vorher, da es keine Wettkämpfe mehr gab. Ich habe immer gehofft, dass es bald wieder losgeht – vergeblich. Das war vom Kopf her nicht einfach.

Was rätst Du jüngeren Athletinnen und Athleten, denen die Motivation verloren geht und die sich fragen, ob sie überhaupt weitermachen sollen?

Ich kann gut verstehen, dass es gerade für die Jugend eine ganz schwere Zeit ist. Schwimmen als reiner Ausdauersport macht schließlich nicht so viel Spaß – der Reiz besteht darin, sich mit anderen zu batteln. Trotzdem lohnt es sich gerade jetzt, Gas zu geben. Denn wenn es irgendwann wieder mit den Wettkämpfen weitergeht, wird man genau sehen, wer während der Corona-Zeit fleißig an der Beweglichkeit oder der Athletik gearbeitet hat und wer nicht. Es gibt aber auch noch andere Wege, auf denen man sich auch ohne Wassertraining verbessern kann.

Welche denn?

Ich habe viel mentales Training gemacht und meine Ernährung umgestellt. Ich esse beispielsweise kein Fleisch mehr, lasse Eier und Milch weg. Ich habe schnell festgestellt, dass ich das nicht brauche. Und ich merke seitdem, dass ich mich besser fühle und fitter bin. Denn bei Fleisch dauert es lange, bis es verdaut ist.

Wie steht es um Deine Form?

Ich bin gesundheitlich sehr gut durchs Jahr gekommen, habe viel trainiert und war im Training sehr schnell. Da bin ich auch einen Altersklassenrekord über 200 Meter Brust geschwommen. Umso ärgerlicher, dass es keine Wettkämpfe gab. Denn Training und Wettkampf sind natürlich unterschiedliche Dinge.

Die Verschiebung der Olympischen Spiele auf 2021 könnte Dir entgegenkommen. Hast Du Tokio im Blick?

Als Sportler hat man Olympia immer im Blick. Und ich glaube und hoffe, dass durch den Impfstoff einer Austragung der Spiele nichts im Wege stehen sollte. Ob ich aber dabei sein werde? Mit meiner Bestzeit von 2:27,3 über 200 Meter Brust fehlen mir zwar nur noch gut zwei Sekunden zur Olympia-Norm – aber zwei Sekunden sind zwei Sekunden. Irgendwann wird die Luft dünn. Da kannst du dich nicht mehr jedes Jahr um mehrere Sekunden verbessern.

Du machst im Sommer Abitur und gehst danach in die USA, um in Louisville (Kentucky) mit einem Sportstipendium Psychologie zu studieren. Was hat dich dazu bewogen?

Ich möchte einfach mal über den Tellerrand hinausblicken und eine neue Herausforderung angehen. Wenn ich das jetzt nicht machen würde, würde ich das später vielleicht bereuen. Ich freue mich sehr auf diesen Schritt.